Argentinische Puna

Argentinische Puna

Tag 1 – von Hualfin bis Nacimiento de San Antonio

Wir starten unser „Abenteuer“ in eine der einsamsten Gegenden der Welt, der argentinischen Puna, in der kleinen Stadt Hualfin, südlich von Salta. Hier kaufen wir noch Lebensmittel ein und betanken Erwin, sowie die 40 Liter Reserve bis oben hin voll. Es erwarten uns schließlich mehr als 500 Kilometer entlegene Pisten, Bergpässe und Lagunen. Dörfer oder Städte findet man hier kaum. Die größten Orte, die wir auf der Tour passieren werden sind Antofagasta de la Sierra (letzte Tankmöglichkeit Richtung Norden mit ca. 1000 Einwohnern) und Antofalla mit ca. 40 Einwohnern.
Gut vorbereitet geht es los. Da wir zum Akklimatisieren nur ca 500 Höhenmeter pro Tag fahren werden, richten wir unser Buschcamp am ersten Tag bereits nach wenigen Kilometern an einem kleinen Flusslauf direkt an der RP 43 ein. Den angebrochenen Tag verbringen wir mit Flusswäsche und Routenplanung. Da die Straße kaum befahren ist, haben wir hier eine sehr ruhige Nacht auf ca. 3000 Metern Höhe.

Tag 2 – von Nacimiento de San Antonio bis zur Laguna Blanca

So richtig weit sind wir an dem Tag nicht gekommen, aber das hat uns überhaupt nicht gestört. Wir fuhren weiter die RP 43 entlang. Vorbei an einer riesigen Sanddüne und schönen Tälern erreichen wir irgendwann eines unserer Zwischenziele. Die Laguna Blanca liegt auf ungefähr 3200 Metern Höhe ca. 10 Kilometer von der Hauptstraße, RP 43 entfernt. Dieser Ort hat sich als Übernachtungsplatz quasi aufgedrängt. Wir standen direkt vor der Lagune, die von Vicunas und Flamingos umzingelt war. Ein grandioser Anblick der uns stundenlang vor die Kamera und das Fernglas gefesselt hat. Auch hier verbrachten wir bis auf den starken Wind wieder eine ruhige sternenklare Nacht.

Tag 3 – von der Laguna Blanca nach Antofagasta de la Sierra

Bis zu dieser Etappe waren die Straßen noch in Ordnung, meist asphaltiert und gut ausgebaut. Doch das Blatt wendete sich nun. Wir fuhren an dem Tag „nur“ 130 Kilometer, die uns aber einiges abverlangten. Die ersten Kilometer bis El Penón waren noch geteert, doch ab dann ging es mit reduziertem Reifendruck nur noch auf Schotter und viiiiiel Wellblechpisten weiter. Die Landschaft entschädigte uns dafür aber wieder einmal. Die unglaublichen Weiten der Puna wurden hier das erste Mal deutlich. So weit das Auge reichte sahen wir Vulkane, die Wüste und eine mondartige Landschaft. Aufgrund der Straßenverhältnisse kamen wir erst recht spät in Antofagasta de la Sierra an und richteten, nach einem kurzen Einkauf in einem der kleinen Lebensmittelgeschäfte des Ortes, unser Nachtlager ein. Wieder an einer Lagune – direkt vor dem Vulkan Antofagasta. Ein paar Lamas leisteten uns an dem Abend noch Gesellschaft.

Tag 4 – von Antofagasta de la Sierra nach Antofalla

Dieser Tag hatte es richtig in sich. Angefangen hat alles mit einem wunderbaren Frühstück an der Laguna Antofagasta und einer Wanderung auf den Vulkan Antofagasta. Die Namen hier sind sehr einfallsreich wie ihr bemerkt… Der Vulkan ist nicht besonders hoch und kann in ungefähr einer Stunde „erklommen“ werden. Wäre da nicht die Höhe von ungefähr 3500 Metern. Da kommt man nämlich nach ein paar Metern ziemlich auf dem Zahnfleisch daher. Noch dazu für einen so durchtrainierten und von Ausdauer strotzenden Athleten wie Matthias (Fühlt sich doch eher für Essen und Fahren zuständig, Stephanie übernimmt den sportlichen Teil) Naja, irgendwann waren wir dann oben. Die Aussicht – einmalig. Die Kamera war im Dauereinsatz und gottseidank haben wir auch das Fernglas mit hoch geschleppt. (Matthias war natürlich nur deshalb so außer Atem ;-)) Unser Tagesziel war die kleine Oase Antofalla. Die liegt direkt am großen Salzsee Salar de Antofalle. Was wir zum Zeitpunkt des Aufbruchs noch nicht wussten – vor uns lag eine absolut miserable Straße und ein Pass, der bis auf 4600 Meter führt. Vor kurzem war die Strecke scheinbar noch eine „4×4 only“ Passage. Entweder ist die Beschilderung verschwunden oder wir haben das übersehen. Nur ein paar Pickups sind uns entgegengekommen und haben sich vermutlich gewundert wie die Alemanes da wohl her gekommen sind. Unser Spitzentempo lag bei etwa 20 km/h und wir hatten immer wieder mit steinigen Abschnitten, Flussdurchquerungen und steilen Anstiegen zu kämpfen. Doch das war alles noch kein Problem für uns und unseren Erwin. Bis wir auf 4600 Höhenmeter an den höchsten Punkt des Passes gelangten. Die letzten 100 Meter zum „Gipfel“ waren extrem Steil und da unser Erwin in 4600 Metern Höhe leider nicht mehr die vollen unglaublich kraftvollen 80 PS besitzt kam es, dass uns sprichtwörtlich „die Luft ausging“. So ungefähr 30 Meter davor ging nichts mehr. Trotz Untersetzung im ersten Gang war der Berg zu steil. Die 3 Tonnen machen sich auf der Höhe mit verminderter Leistung und reduziertem Luftdruck dann doch recht schnell bemerkbar. So standen wir also mit angezogener Handbremse auf der Schotterpiste und Matthias Kopf fiel langsam auf das Lenkrad. Nach dieser Steigung ging es nur noch bergab, wir hätten nur noch diese verdammten 30 Meter weiter kommen müssen. Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder wir kehren um, scheitern an einem dämlichen Pass und müssen den ganzen Offroad Spaß wieder zurück ODER: wir machen Erwin so leicht wie möglich, pumpen die Reifen bis zum Maximum auf und versuchen es nochmal. Gesagt, getan. Wasserkanister, Dieselreserve, das Fahrrad, alles was leicht zu demontieren ging und viel Gewicht bringt landete schließlich am Straßenrand (inkl. Stephanie). Dann folgte das Aufpumpen der Reifen. Auf Meereshöhe geht das relativ flott, aber hier auf 4600 Meter quält sich der Kompressor regelrecht und ringt um Luft. Es dauerte eine Ewigkeit bis die Reifen aufgeblasen waren. Dann versuchten wir es. Den steilen Teil wieder zurück rollen und im ersten Gang mit Anlauf die Steigung hoch. Es war mega spannend und ehrlich gesagt rechneten wir schon stark damit auf Möglichkeit 1 zurück greifen zu müssen. Doch tatsächlich, es klappte. Erwin stand oben auf dem Gipfel und wir jubelten und sprangen in die Luft vor Freude. Zumindest so lange bis uns klar wurde wie anstrengend es sein wird das ganze Zeug den Berg hoch zu tragen. Zum Glück „nur“ 30 Meter. Doch das hatte es wirklich in sich. Um die 150 Kilo haben wir abgeladen. Die Abfahrt zum Salar de Antofalla hat uns daraufhin aber nicht wirklich geschont. Runter ging es nämlich noch wesentlich steiler und auf der steinigen Piste lagen Felsen so groß wie Fußbälle. Mit Untersetzung und ganz vorsichtiger Fahrweise hangelten wir uns die Serpentinen hinunter. Es war bereits dunkel als wir dann endlich Antofalla erreichten. Völlig entkräftet, doch trotzdem stolz und erfreut richteten wir uns für die Nacht ein. So gut wie an diesem Abend hat uns schon lange keine Brotzeit mehr geschmeckt.

Tag 5 – von Antofalla zu den Ojos del Campo

Nach der Anstrengung des Vortages kamen an Tag 5 nur etwa 16 Kilometer zusammen. Für die wir aber trotzdem fast eine ganze Stunde gebraucht haben. Von Antofalle bis zu den Ojos del Campo geht es südlich am Salar Antofalle entlang. Die „Straße“ besteht zum Großteil aus Wellblech gemischt mit Tiefsand. Schaufel und Sandbleche blieben zum Glück unbenutzt, es war aber hin und wieder grenzwertig. Die Ojos del Campo sind „Augen“ die aus ehemaligen Geysiren im Salzsee entstanden sind. Sie haben unterschiedliche Größen und leuchten je nach Tageszeit in verschiedenen Farben. Bei uns in Bayern würde man wahrscheinlich einfach „runder Weiher“ dazu sagen, aber hier sind es eben Ojos del Campo 😉 Da der Platz vor den Ojos sich gut als Übernachtungsmöglichkeit anbot blieben wir eine Nacht zum Ausruhen, bevor es die nächsten unüberwindbaren Pässe Richtung Norden ging. Ein bisschen mulmig war uns zu diesem Zeitpunkt schon, da wir in jede Richtung von Antofalla aus einen Pass bzw. eine steile Bergstraße überwinden mussten. Wie eingekesselt quasi. Züruck ging es nicht mehr, da die Straße wesentlich steiler zurück ging als der Abschnitt an dem wir fast scheiterten. Nach einer windigen, kalten Nacht an den Ojos starteten wir in den sechsten Tag unseres Abenteuers.

Tag 6 – von Antofalla über Antofallita und den Salar de Arizaro nach Tolar Grande

Die gute Nachricht – wir kamen aus dem Hexenkessel wieder erfolgreich heraus. Die steilen und engen Serpentinen (Tres Curvas) nach Antofallita haben unserem Erwin zwar wieder richtig zugesetzt, doch wir haben die 4300 Meter hohe Steigung zum Salar de Arizaro ohne Probleme bewältigt. Die Strecke bis Tolar Grande war landschaftlich gesehen der schönste Teil der verganenen Tage. Einsame Bergstrecken, der schier endlose Salar de Arizaro, eine Pyramide mitten im Salzsee sowie die leuchtend blauen Ojos del Mar haben die Zeit in der Puna für uns auf jeden Fall unvergesslich gemacht. Die Straßen haben uns und vor allem Erwin einiges abverlangt – doch wir würden es wieder tun. Nachdem wir in Tolar Grande noch eine letzte Nacht bei den Ojos del Mar verbrachten, ging es wieder zurück Richtung Salta. Über die Siete Curvas (sieben Haarnadel Serpentinen) und durch das Tal Desierto del Diablo fuhren wir Richtung San Antonio de los Cobres. Die Stadt kannten wir bereits von der Überquerung des Paso Sico und wollten dort übernachten. Als wir dort ankamen war es bereits bitterkalt und die Nacht wäre wohl noch wesentlich kälter geworden. De Stadt liegt auf 3800 Metern Höhe, da kann es in der Nacht gerne gegen 0°C gehen. So entschieden wir uns noch die 100 Kilometer Richtung Salta runter zu fahren. Eine gute Entscheidung, da wir auf dem Weg einen netten Stellplatz direkt am Fluss gefunden haben. In Salta lassen wir Erwin erst mal Außen gründlich reinigen, da wir ja doch einige Kilometer durch den Salzsee gefahren sind. Wir bereuen es nicht durch diese einsame Gegend gefahren zu sein. Es war ein besonderes Abenteuer mit einer unvergleichbaren Landschaft.

6 Gedanken zu „Argentinische Puna

  1. Hi ihr beiden,
    ich verschlinge gerade eure Reiseberichte. Für uns geht es auch in ein paar Wochen in diese wunderbare gegend und wir holen uns noch ein paar Anregungen von Euch.
    Wir reisen zwar nur 3 Monate durch Lateinamerika, aber Eure ganzen Berichte machen echt Lust auf mehr.

    Viel Spaß Euch noch und vielleicht begegnet man sich mal. Ich werde einfach immer nach einem gelben Mercedes-Bus Ausschau halten 😀
    LG
    Andreas

  2. Super Bilder. Welch ein Abenteuer ihr erlebt habt. Es hat mich gefreut euch auf meinem Mietsmotorrad in Argentienen zu treffen. Oder war das in Chile. You are living life right.

  3. Hallo ihr zwei Abenteurer, ich weiß gar nicht mehr was ich noch schreiben soll – alles würde banal klingen bei dieser grandiosen Natur. Die Bilder sind ein Traum!!! und ihr schaut Gott sei Dank gut und gesund aus; es scheint, dass euch die Berg- und Talfahrten doch gut bekommen sind.
    Es ist schön zu lesen, dass ihr immer wieder so freundliche und nette Menschen trefft. Ich warte ungeduldig auf die Blogeinträge. Zur Zeit gibt es nichts Spannenderes für mich! Zu Bild 3310: Ist das eine chilenische Wolperdingerin? Ganz liebe Grüße aus der Heimat und alles Gute für euch und den Erwin.

  4. Hey Matthileinen,
    ganz toller blog…super Bilder, ich bin richtig neidisch ;-)))
    Ich werde euren Trip auf alle Fälle weiter verfolgen.

    Ois guade und scheene Griaß aus da niederbayrischen Heimat, Niederbayern

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