Unser Erwin
In diesem Beitrag möchte ich euch die Geschichte zu unserem Gefährt, Erwin erzählen. Wie wir ja schon erwähnt haben, wollen wir die Reise mit einem eigenen fahrbaren Untersatz antreten. Dazu musste ein passendes Gefährt her. Die grundlegenden Eigenschaften eines Fahrzeugs für so ein Vorhaben waren mir bereits durch diverse Reiseberichte und Erfahrungsberichte klar. Zudem sind wir auch durch unsere Fahrerlaubnis (max 3.5t) in der Fahrzeugauswahl beschränkt. Nachdem ich mir mehrere Fahrzeugtypen angesehen hatte war klar, dass es ein Mercedes älteren Baujahres werden sollte. Neben dem Mercedes T1 habe ich mir noch diverse andere Modelle angesehen, jedoch kam ich aufgrund der hier im Beitrag „Basisfahrzeug“ genannten Gründe immer wieder auf den T1 zurück.
Ich entschied mich also für einen „Bremer“, den Mercedes T1. Ein 310D sollte es werden… mindestens ein 308D. Kurze Erklärung: Ein 308D besitzt aufgrund der „8“ ungefähr 80PS. Ein 309 eben ungefähr 90 und der 310 hat knapp 100PS. Das „D“ steht natürlich für Diesel. Die 3 am Anfang steht für ein zulässiges Gesamtgewicht von 3,5t. Es gibt den T1 auch als 207, 208D, 210D usw., allerdings dann mit nur 2,8t zGG.
Die für uns wichtigsten Aspekte hier nochmal:
- Leergewicht von nur 1,9 t, was umso mehr Zuladung erlaubt (1,6 t)
- Innenhöhe von 1,85 m beim Modell mit Hochdach
- Einzelbereifung an der Hinterachse
- Einfache und robuste Technik
- Langlebige Motoren – Bei guter Pflege mehrere 100.000 Kilometer
Die Suche begann also. Jeden Tag… fast schon stündlich habe ich nach neuen Inseraten im Internet oder in der Zeitung geschaut. Bestimmt 2 Monate habe ich ununterbrochen gesucht… es kam nichts Vernünftiges. Entweder waren die Transporter in einem extrem schlechten Zustand oder der Preis war zu hoch. Einen 310D habe ich einfach aufgrund der stärksten verfügbaren Diesel-Motorisierung im T1 favorisiert. Bei Mobile.de war dann tatsächlich mal ein bezahlbares und gut erhaltenes Modell inseriert. Ein weißer 310D mit Hochdach und 180.000km auf der Uhr. Perfekt!! Doch leider reagierte der Verkäufer nicht auf Mails und eine Telefonnummer war nicht hinterlegt. Ich habe x-mal versucht den zu kontaktieren… keine Antwort. Dann war das Inserat weg. Toll… ich bin mir immer noch sicher dass wir den genommen hätten 🙂
Die Suche ging also weiter. Wieder sämtliche Portale tagelang durchforstet und Suchbegriffe erweitert, sodass ich auch wirklich kein Inserat übersehe.
Als ich im April 2016 die Suche schon fast aufgegeben hatte und langsam die Lust verlor habe ich (aus Verzweiflung) österreichische KFZ-Inserate im Internet angesehen. Ist ja eigentlich kein Problem… Auto aus Österreich. Warum nicht. Und zack – nach ein paar Minuten Suchen (Ich glaube es war 01:00 oder 02:00 Uhr in der Nacht) sah ich IHN. Unseren Erwin. Für 2200 € inseriert in Wien. Die Beschreibung war nicht sehr lange, nur dass es sich um einen 308D handelt der knapp 150.000 Kilometer gelaufen ist, noch TÜV hat und einer Firma für Fahrbahnmarkierungen gehört und nun – da die Firma scheinbar nicht mehr existiert oder aufgekauft wurde – zum Verkauf steht. Insgesamt wurden drei baugleiche Modelle verkauft, davon war nur noch einer zu haben.
Der Morgen danach
Gleich in der Früh habe ich dort angerufen (zunächst ohne Erfolg) und dann mit einem netten „Weana“ über den Mercedes gesprochen. Er sagte mir, dass der Bus in einem guten technischen Zustand ist. Da das Fahrzeug regelmäßig in Gebrauch war wurden alle Reparaturen zeitnah durchgeführt. Geparkt wurde er immer trocken in der Fahrzeughalle der Firma. Ansonsten sei er fahrbereit in einem guten Allgemeinzustand. Dreckig von der Farbe natürlich… aber das ist ja kein Problem.
Ein (fast) perfekter Plan
Ich vereinbarte mit ihm ein Treffen gegen Nachmittag. Von Landshut nach Wien sind es ja doch ein paar Kilometer und es war immerhin schon fast 11 Uhr. Nachdem ich Stephie mit der spontanen Aktion konfrontierte planten wir die Fahrt nach Wien. Was bietet sich da mehr an als mit dem Motorrad zu fahren und – sofern es zum Kauf kommt – dieses hinten in den Benz zu laden und dann mit diesem wieder heim zu fahren? Klingt nach einem perfekten Plan oder? Als Erstes habe ich in Wien bei der Zulassungsstelle angerufen die für diesen Bezirk zuständig ist. Dort sagte man mir, dass bis 18:00 Uhr jemand da ist und ich jederzeit Überführungskennzeichen holen kann. Wo genau die Zulassungsstelle ist habe ich mir in der Hektik und Aufregung natürlich nicht angesehen. Wäre von Vorteil gewesen…
Wir haben also das Motorrad startklar gemacht, noch ein paar Spanngurte in den Rucksack gesteckt und sind dann gegen 12 Uhr los gefahren. Meine optimistische Schätzung der Fahrtzeit: 3-4 Stunden. Wir sind ja mit dem Motorrad unterwegs.
Die Fahrt nach Wien
Über Eggenfelden ging es nach Schärding, dann weiter Richtung Linz. Kurz hinter Linz mussten wir tanken. Es war bereits 14:00 Uhr. Der Zeitplan ging nicht ganz auf… wir hatten ja noch ca. 180km vor uns. Das wird sportlich, schließlich macht um 18:00 Uhr die Zulassungsstelle zu und wir stünden mit Motorrad, Bus und ohne Überführungskennzeichen da. Kein Spass. Es heißt also Gas geben. Landstraße war nun zu langsam, wir wechselten auf die Autobahn. Dort ging es ebenfalls zügig weiter. Wen es interessiert: 160 bei erlaubten 130 km/h kostet in Österreich stolze 50€ 😉
Am Ziel angekommen (17:15 Uhr) haben wir uns dann den Benz angesehen. Er stand nicht mehr bei der Firma sondern etwas außerhalb von Wien, Nähe dem Flughafen Wien-Schwechat. Klar, er war wirklich dreckig und voll mit weißen Farbspritzern aber was soll´s. Kann man putzen. Technisch war alles soweit OK. Bis auf Kleinigkeiten stand der Bus wirklich gut da. Motor und Getriebe waren absolut trocken, der Unterboden war top in Schuss. Ein paar kleinere Roststellen hatte er an den typischen Stellen, aber es hätte mich auch gewundert wenn ein Mercedes in diesem Alter dort keinen Rost angesetzt hätte. Ganze Durchrostungen hatte er soweit zum Glück keine. Die waren nämlich gut versteckt wie sich später raus stellte. Ansonsten klemmte die Hecktüre etwas und die Fahrertüre ließ sich nur von außen öffnen. Der innere Türöffner war kaputt. Alles easy zu beheben und kein Grund abzulehnen.
Es ging also ans Verhandeln. Wir sind mit 1800 eingestiegen und konnten uns relativ schnell und unkompliziert auf 1900 € einigen. Der Verkäufer war wirklich sehr nett und an unserem Vorhaben interessiert. Nur so richtig vorstellen konnte er sich nicht wie jemand mit diesem alten T1 eine Weltreise machen will… aber ehrlich gesagt – das konnten wir uns zu dem Zeitpunkt auch nicht 😉
Nachdem wir den Kaufvertrag unterschrieben haben ging es ans Besorgen der Überführungskennzeichen. Dazu braucht man natürlich die Papiere des Fahrzeugs, sonst hätten wir das ja schon im Vorfeld erledigen können. Mittlerweile war es ungefähr 17:30 Uhr. Die Zulassungsstelle hatte ja bis 18:00 Uhr offen, von daher eigentlich kein Problem. Tja, das wäre ihr Preis gewesen. Der Verkäufer klärte uns mit einem leichten Schmunzeln auf, dass die von mir anvisierte Zulassungsstelle ganz am anderen Ende des Bezirks sei und wir das zu dieser Zeit unmöglich bis 18:00 Uhr schaffen werden. Selbst wenn wir kurz vor 18:00 Uhr dort wären gibts mit Sicherheit keine Kenzeichen mehr. Das dauert ja auch ein paar Minuten zwecks Versicherung etc.
Oh noooooooo!!!!!! Jetzt stehen wir da… Bus gekauft, Motorrad steht aufm Parkplatz, nichts außer ein paar Spanngurte und einer Flasche Wasser im Rucksack und wir können nicht heim. Es wäre auch unmöglich gegangen mit dem Motorrad heim zu fahren. Wir waren schon völlig am Ende von der anstrengenden Fahrt. Wir mussten uns also für eine Nacht eine Bleibe organisieren um dann am Morgen zur Zulassungsstelle zu fahren und die Kennzeichen zu besorgen. Wie es der Teufel haben will war in Wien gerade irgendein Event und sämtliche Hotels und Pensionen hatten keine freien Zimmer mehr. Na toll.
Der Verkäufer vom Erwin sagte dann, dass er eine Pension kennt die nur eine Straße weiter ist. Evtl. haben wir dort Glück und können eine Nacht bleiben. Er rief auch noch freundlicherweise für uns an und organisierte ein Zimmer. Der Abend war, zumindest teilweise gerettet. Die Pension war günstig, wirklich nur eine Straße entfernt und hatte ein Doppelzimmer inkl. Frühstück für uns reserviert. Glücklicherweise befand sich direkt gegenüber ein Hofer (Aldi) bei dem wir uns mit Zahnbürsten, frischen Socken und Unterhosen eindeckten. Nach einer leckeren Pizza in einem nahe gelegenen Imbiss fielen wir ins Bett.
Die Heimfahrt
Am Morgen besorgte ich gleich die Überführungskennzeichen für unseren Bus und wir luden das Motorrad hinten ein. Es ging wieder nach Hause. Erst mal Volltanken und ein Pickerl kaufen. Auf der Heimfahrt konnten wir dann unser zukünftiges Reisemobil gleich mal kennenlernen. Er ist gar nicht sooo langsam wie befürchtet. Ok, er war zu dem Zeitpunkt fast leer. Aber immerhin ging es auf der Geraden mit 120 – 130 km/h dahin. Wer die alten Mercedes Transporter oder z.B. auch Feuerwehr Fahrzeuge dieser Generation kennt weiß, dass die Dinger total untermotorisiert sind. 4 Zylinder mit 79PS aus 2,3 L Hubraum für ein Gewicht von 3,5 Tonnen? Keine Rakete. Aber es geht ja nicht darum möglichst schnell von A nach B zu kommen. Im Gegenteil, wir wollen ja Reisen und nicht Rasen. Man fährt gemütlich mit 100 km/h dahin und kommt ganz entspannt am Ziel an.
In Landshut angekommen wurde Erwin (zu dem Zeitpunkt hatte er noch keinen Namen, die Überlegungen waren aber bereits in vollem Gange) dann auf den Stellplatz vor unserem Haus geparkt. Die 400 Kilometer von Wien nach Landshut hat er schon mal ganz easy aus dem Ärmel geschüttelt 😉 Und das mit ungefähr 9 Liter Diesel auf 100km.
Hier noch ein paar Fotos von Erwin im Zustand als wir ihn gekauft haben.
Ein Gedanke zu „Unser Erwin“
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